Mit Kishons "Trauschein" kam der Erfolg
„Da steht er nun, als Mann verkleidet und kommt sich nicht geheuer vor." So hat Erich Kästner den Konfirmanden gesehen, den der Nürnberger Dichter Fritz Gerald Kusz in seinem ,Schweig Bub!" erneut auf's Korn genommen hat. Sein Volksstück hat das Amateurtheater "Licht und Schatten" "einberlinert". "Halt'n Mund, Junge" lautet der Titel. Am Freitag abend hatte das Stück im vollbesetzten Britzer Gemeindesaal an der Fulhamer Allee Premiere.
Die Inszenierung karikiert den Jugendlichen auf dem Grad zwischen Kindsein und Mannwerden in seinem familiären Umfeld. Vorgeführt wird die Konfirmationsfeier in "einer ganz normalen Familie". Sie erlebt hier den Tag nach dem Kirchgang im häuslichen Milieu. Das Fest wird zum Spiegel für Familienfeiern schlechthin. Denn der eigentliche Anlaß tritt immer mehr in den Hintergrund. Obwohl die Gäste immer wieder über die Kirche lamentieren, erweist sich der erwartete Pfarrerbesuch als reine Prestige-Angelegenheit.
"Natürlich nutzen wir unser Recht zur Übertreibung. Trotzdem ist das Stück eine kritische Auseinandersetzung zum Thema Konfirmation und Familienfeiern", sagte Karin Döpke, Gründungsmitglied der Truppe.
"Licht und Schatten" ist eine Gruppe von 13 Jugendlichen und Erwachsenen der Britzer Dorfkirchen-Gemeinde. Gegründet wurde sie Ende 1983. "In der dunkelsten Nacht", ein Weihnachtsspiel von Erich Colberg war das erste gemeinsame Stück. Mit Kishons "Trauschein" trat die Gruppe auch in anderen Stadtbezirken auf. Zum Spaß an der Freude gesellte sich der Erfolg: "Jetzt haben wir uns wieder eine Komödie rausgesucht, das mag unser Publikum. Wenn wir uns damit vielleicht auch mal an ein ernstes Stück wagen", meinte Michael Szymanski, der zu den führenden Organisatoren gehört.
Nach einem einmaligen Zuschuß durch den Neuköllner Kirchenkreis ist „Licht und Schatten" jetzt in der Lage, sich selbst zu finanzieren. Natürlich legt, wie bei solchen Gruppen üblich, jeder Hand an, wo immer es nötig ist. Kulissen, Beleuchtung und Requisiten sind Eigenbau. Und für "Halt'n Mund, Junge" mußte sogar ein Mime zum Koch werden, weil alle fünf Akte an der Festtafel spielen.
Ursprünglich erschienen in der Morgenpost am 9. Februar 1986